Biotech-Report von EY: Zurück auf Prä-Corona und ein Appell

Die Corona-Hochzeiten für die deutsche Biotechnologie scheinen ersteinmal vorbei zu sein. Das ist das ernüchternde, aber nicht unerwartete Ergebniss des Deutschen Biotechnologie-Reports 2023 der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY. Darin wird die breite Innovationspipeline der Branche betont, aber auch angemahnt, den Schwung aus der Pandemie nicht versanden zu lassen.

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Die Glanzzeiten der deutschen Biotechnologie scheinen vorerst vorbei zu sein. Nach zwei Rekordjahren floss dem EY-Branchenreport zufolge im vergangenen Jahr deutlich weniger frisches Kapital in die deutsche Biotech-Branche: Das Fundraising der börsennotierten Unternehmen sank von 2,4 Mrd. auf 812 Mio. Euro – ein Minus von 67 Prozent. Auch die Venture-Capital-Finanzierungen brachen im Vergleich zum Vorjahr stark ein – von 752 Mio. Euro auf 389 Mio. Euro (-48 Prozent) – lagen damit aber in etwa auf dem Niveau vor der Pandemie. Dank einer starken Pipeline mit 145 Wirkstoffen in klinischen Studien und einem Rekorddealvolumen von gut 14 Mrd. Euro sieht EY die Branche sehr stabil aufgestellt, appelliert aber an Politik und Investoren, risikoreiche, innovative Unternehmen besser zu unterstützen.

Deutschland ist kein Einzelfall, insgesamt sind die Finanzierungen in den USA und Europa zurückgegangen, die Finanzkrise an den Börsen hat die Branche weltweit stark nach unten gezogen. Ein ähnlich starker Rückgang wie in Deutschland war im vergangenen Jahr auch europaweit zu verzeichnen: Das Finanzierungsvolumen sank um 65 Prozent von 22 auf 7,8 Mrd. Euro.

Dr. Manuel Bauer, EY Biotech Leader Germany, kommentiert: „Auf den ersten Blick ist der Einbruch bei der Finanzierung ernüchternd. Aber nach den beiden Boomjahren 2020 und 2021 und einem überhitzten Finanzierungsmarkt war eine gewisse Bereinigung durchaus notwendig. Zudem hat der Krieg in der Ukraine zu einer erheblichen Verunsicherung der Investoren geführt. Fallende Börsenkurse, steigende Zinsen und der Rückzug von Investoren, die erst während der COVID-Dynamik in RNA-Technologien und andere Biotech-Innovationen investiert hatten, waren weitere Gründe für den deutlichen Rückgang der Finanzierungen.“

Die Finanzierung bleibe eine der entscheidenden Herausforderungen für die deutsche Biotech-Branche, so Bauer, der einräumte, diese Forderungen seit Jahren mantraartig vorzutragen: „Investoren wie Pensionsfonds, Versicherungen und anderen institutionellen Anlegern muss es ermöglicht werden, deutlich stärker in risikobehaftete Unternehmen – und dazu gehören auch Biotech-Unternehmen – zu investieren. Außerdem brauchen wir dringend attraktivere Abschreibungsmöglichkeiten für Verluste, denn das würde ein Biotech-Investment für Risikokapitalgeber wie Privatpersonen, VC-Gesellschaften und große institutionelle Investoren deutlich attraktiver machen. Auch die bessere steuerliche Berücksichtigung von Forschungs- und Entwicklungskosten bleibt eine unerfüllte Forderung der Branche.“

Investor Hubert Birner, TVM Capital, treibt neben dem spürbaren Optimismus, den er seit dem Erfolg von Biontech verstärkt als Grundstimmung in der Branche wahrnimmt, auch eine Sorge um. Da gerade die börsennotierten deutschen Biotech-Unternehmen vor der Refinanzierung ihrer Entwicklungsprojekte stünden, könne die "dramatische Unsicherheit" an den Finanzplätzen hier zu großen Schwierigkeiten führen. In seiner Funktion als Vorstandsmitglied der BIO Deutschland appelliert er daher ausdrücklich an alle Akteure, jetzt zu handeln und wünscht sich "aggressive, neue Finanzierungsmöglichkeiten", die der breit aufgestellten Innovationspipeline zum Durchbruch verhelfen könnten.

Im Biotechnologie Kursbuch 2023 der BIOCOM AG werden in wenigen Tagen neben Beiträgen zu Branchentrends auch aktuelle Zahlen und Statistiken zur deutschen Biotechnologie-Branche veröffentlicht.

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